- Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
- SED
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Sozialịstische Einheitspartei Deutschlands,Abkürzung SED, Staat und Gesellschaft beherrschende Partei der DDR, gegründet am 21. 4. 1946 in Berlin (Ost) durch den Zusammenschluss von KPD und SPD in der SBZ. Zunächst als Zusammenfassung aller sozialistischen Kräfte herausgestellt (unter starkem Druck der SMAD, Illusionen und unter der Vorherrschaft der KPD erreicht), entwickelte sich die SED seit 1948 zunehmend nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus zu einer marxistisch-leninistischen Kaderpartei. Im Verlauf einer friedlichen Revolution im Herbst 1989 wurde das von ihr errichtete Herrschaftssystem gestürzt; sie selbst wandelte sich 1989/90 in die Partei des Demokratischen Sozialismus (PDS) um.Die Führungsorgane aller Ebenen waren zunächst paritätisch mit Sozialdemokraten und Kommunisten besetzt (Parteivorsitzender: W. Pieck und O. Grotewohl), wurden aber bis 1950 nach dem Vorbild der KPdSU umgewandelt. Formell oberstes Organ der SED war der (seit 1971) alle fünf Jahre einberufene Parteitag. Dieser wählte das Zentralkomitee (ZK) der SED, das zwischen den Parteitagen als oberstes Organ der Partei fungierte. Das ZK wählte aus seinen Reihen wiederum das Sekretariat und das Politbüro. Das ZK hatte außerdem das Recht, für die Zeit zwischen den Parteitagen Parteikonferenzen einzuberufen. Sekretariat und Politbüro bildeten das Machtzentrum der SED, und beide wurden vom Ersten Sekretär beziehungsweise (ab 1976) vom Generalsekretär des ZK (1950-71 W. Ulbricht, 1971-89 E. Honecker, 1989 E. Krenz) geleitet. Von dieser Spitze ging die Willensbildung aus zu den Bezirks-, Kreis-, Stadt- oder Ortsleitungen. Basis der Partei waren die »Grundorganisationen« in den Betrieben; »Wohnparteiorganisationen « spielten nur eine untergeordnete Rolle. Eigene Parteiorganisationen gab es u. a. in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR. Entsprechend dem Kaderprinzip war seit 1949 eine Mitgliedschaft nur über eine Kandidatur möglich. - Als Zentralorgan des ZK der SED fungierte die Tageszeitung Neues Deutschland.Geschichtliche und programmatische EntwicklungUnter der Formel »Aufbau einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung in ganz Deutschland« leitete die SED mit Unterstützung der SMAD von Anfang an eine Umwandlung der gesellschaftlichen Struktur der SBZ nach sowjetischem Vorbild ein (Sowjetisierung). Mithilfe des Blocksystems (seit 1949 im Rahmen der »Nationalen Front des Demokratischen Deutschland.«) suchte sie schon früh, sich die führende Rolle im politischen Kraftfeld der SBZ zu sichern (Nationale Front der DDR).Mit den Auseinandersetzungen im Ostblock um die Außen- und Innenpolitik Titos rückte die SED seit 1948 von der Vorstellung eines deutschen Sonderweges zum Sozialismus ab (vertreten v. a. von A. Ackermann). Im Zuge der »Stalinisierung« (in Anfängen schon ab 1946) glich sie sich in ihrer organisatorischen Struktur als »Partei neuen Typs« immer mehr der KPdSU an und gab sich auf dem Parteitag von 1950 ein entsprechendes Parteistatut (u. a. Säuberungen). Seit der 1. Parteikonferenz vom Januar 1949 wurde der Marxismus-Leninismus die für alle Parteimitglieder verbindliche politische Leitlinie; marxistisch-leninistisch geschulte Neumitglieder begannendie Leitungen zu dominieren.Auf der 2. Parteikonferenz der SED vom 2. bis 12. 7. 1952 beschloss die SED das Programm des »planmäßigen Aufbaus des Sozialismus« in der DDR. So sicherte sie sich endgültig im Rahmen einer volksdemokratischen Ordnung das Machtmonopol im Staat, ordnete den Wirtschafts- und Staatsapparat ihrer Befehlsgewalt unter und leitete die Kollektivierung der Landwirtschaft ein. Das Programm des Aufbaus des Sozialismus wurde nach dem Tod Stalins (März 1953) und dem Aufstand vom 17. 6. 1953 unter Verkündung eines »Neuen Kurses« zeitweilig gebremst. Nach Festigung der durch den Aufstand infrage gestellten SED-Herrschaft wurde jedoch die Umwandlung der DDR im kommunistischen Sinne fortgeführt und erreichte einen Höhepunkt mit der erzwungenen Vollkollektivierung der Landwirtschaft (1960). In der Gestaltung der Deutschlandspolitik folgte die SED den Linien der sowjetischen Außenpolitik. Nach einer intensiv geführten Propaganda für die Einheit Deutschlands ließ sie seit 1955 den Gedanken der Wiedervereinigung Deutschlands zugunsten einer Zweistaatentheorie fallen. Mit der Errichtung der Berliner Mauer erreichte diese Politik einen ersten Höhepunkt.Im Verlauf der innenparteilichen Entwicklung setzte sich die von Ulbricht geführte Gruppe innerhalb der SED durch. Dabei kam es immer wieder zu innenparteilichen Kämpfen und zur Säuberung der Partei von Gruppen, die von der von Ulbricht bestimmten Parteilinie abwichen (u. a. W. Zaisser, W. Harich, K. Schirdewan, E. Wollweber); 1971 wurde schließlich Ulbricht selbst Opfer parteiinterner Intrigen, indem er von E. Honecker als Parteichef abgelöst wurde.Nach der Vollkollektivierung der Landwirtschaft (1960) und der Abriegelung der innerdeutschen Grenze (1961) beschloss die SED auf dem VI. Parteitag (1963) v. a. Maßnahmen zur Konsolidierung und Forcierung der Wirtschaft der DDR. Durch ein »Neues Ökonomisches System« (NÖS) bemühte sie sich, das Wirtschaftssystem zu modernisieren, den Lebensstandard der Bevölkerung zu erhöhen, v. a. jedoch den Export von Industrieerzeugnissen (bevorzugt in die Sowjetunion) zu steigern.Die unter Bundeskanzler W. Brandt mit dem Ziel der politischen Entspannung eingeleitete neue Deutschland- und Ostpolitik der Bundesrepublik Deutschland veranlasste die SED-Führung, über die Politik der »Abriegelung« hinaus seit 1971 das Konzept einer Abgrenzung 1) zu entwickeln, um Gefahren der »Aufweichung« oder des »Sozialdemokratismus« möglichst vorbeugend entgegenzuwirken. Auf dem VIII. Parteitag der SED 1971 wurde diese Zielsetzung von E. Honecker verkündet. Der IX. Parteitag (1976) schrieb die seit Beginn der 70er-Jahre bestimmende Parteilinie in einem neuen Parteiprogramm fest: Im Rahmen der Gestaltung einer »entwickelten sozialistischen Gesellschaft« sollte in den ökonomischen Planungen das Schwergewicht auf der Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik liegen. Der X. Parteitag (1981) bestätigte ebenso wie der XI. Parteitag (1986) die Orientierung auf eine allgemeine Anhebung des Lebensniveaus; die damit einhergehenden wirtschaftlichen Defizite konnten aber nicht bewältigt werden. - Hatte die SED in ihrer Programmatik z. B. noch 1963 die Lösung der »nationalen Frage in Deutschland« angestrebt, so stand nunmehr - ausgehend von der These der »sozialistischen deutschen Nation« - die Entwicklung einer »sozialistischen Nation« in der DDR im Vordergrund (deutsche Nation; deutsche Einheit). Die immer wieder betonte enge ideologische Verbundenheit mit der KPdSU geriet ab 1986 unter dem Eindruck der von Generalsekretär M. S. Gorbatschow eingeleiteten Politik des »Umbaus« (»Perestroika«) der sowjetischen Gesellschaft in eine Krise; denn die Führung der SED, besonders Honecker, lehnte die Notwendigkeit von Reformen in der DDR ab. Der wirtschaftliche Niedergang, eine zunehmende politische Stagnation, verbunden mit der ständig anschwellenden Bürgerbewegung (Herbst 1989) führten im November/Dezember 1989 zum Sturz des Herrschaftssystems der SED in der DDR. Am 18. 10. 1989 musste Honecker als Generalsekretär der SED zugunsten von E. Krenz zurücktreten. Am 1. 12. strich die Volkskammer den Führungsanspruch der SED aus der Verfassung. Unter dem Druck weit reichender Vorwürfe der Korruption und des Amtsmissbrauchs traten ZK und Politbüro am 3. 12. zurück (damit zugleich Krenz als Generalsekretär). Nachdem sich die Partei auf einem Sonderparteitag (zwischen dem 9. und 17. 12. 1989) ein Statut gegeben, G. Gysi zu ihrem Vorsitzenden gewählt und ihrem Namen den Zusatz »Partei des Demokratischen Sozialismus« (SED/PDS) beigefügt hatte, suchte sie sich in der Folgezeit ein neues politisches Profil zu geben.Auf dem Weg zur SED.. .. Eine Quellenedition, hg. v. A. Malycha (Neuausg. 1995, Nachdr. 1996);Materialien der Enquète-Kommision »Aufarbeitung von Gesch. u. Folgen der SED-Diktatur in Dtl.«, 9 Bde. in 18 Tlen. (1995);A. Malycha: Partei von Stalins Gnaden? Die Entwicklung der SED zur Partei neuen Typs in den Jahren 1946 bis 1950 (1996);Die SED. Gesch. - Organisation - Politik. Ein Hb., hg. v. A. Herbst u. a. (1997);
Universal-Lexikon. 2012.